Als einer der größten Autozulieferer der Welt arbeitet auch die Bosch-Gruppe unter Hochdruck an den neuen Technologien rund um Elektrofahrzeuge. Wie das aussieht und welche Ziele damit verfolgt werden, verrät Dr.-Ing. Bernd Bohr, Vorsitzender des Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik der Robert Bosch GmbH, im Interview mit ADAC Motorwelt-Redakteur Wolfgang Rudschies.
Herr Bohr, ist Bosch die Nummer 1 unter den Automobilzulieferern der Welt?
2010 waren wir es, im Vorjahr ein japanischer Wettbewerber. 2011 sieht es für uns wieder gut aus, wenngleich das immer auch vom Wechselkurs Yen zu Euro abhängt.
Peilen Sie auch im Bereich Elektromobilität die Eins an?
Ja, das tun wir. Denn um die Nummer 1 bei der Elektromobilität zu werden, benötigt man einen langen Atem – eine der Stärken von Bosch. Im Moment haben noch Unternehmen, die bereits Volumenkunden mit Technik für Hybrid- und Elektrofahrzeuge beliefern, höhere Stückzahlen als wir.
Also die Zulieferer in Japan.
So ist es, denn dort werden heute die meisten Hybridfahrzeuge gebaut. Ab 2025 sollte man mit der Elektromobilität ordentlich Umsatz machen können. Das weltweite Potenzial ist groß: Wir rechnen im Jahr 2020 mit ungefähr drei Millionen EVs (Elektroautos), drei bis dreieinhalb Millionen Plug-in-Hybriden und zusätzlich sechs Millionen Hybriden. Eine zahlenmäßig deutliche Verschiebung zwischen Verbrennungsmotor und Elektromotor erwarten wir erst zwischen 2020 und 2030.
Bereitet dies Ihnen als Zulieferer für Diesel- und Benzineinspritztechnik Sorgen?
Wenn ich die Schlüsselkomponenten anschaue, macht uns der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf elektrifizierte Fahrzeuge in Europa keinerlei Sorge. Wir werden deswegen in Zukunft auch nicht weniger Umsatz machen – im Gegenteil. Für einen heute neu zugelassenen Diesel-Vierzylinder der Mittelklasse liefern wir Teile für ungefähr 800 Euro. Das sind zum Beispiel Einspritzsystem, Sensoren, Starter, Generator, Steuergerät oder die Kraftstoffpumpe. Eine elektrische Maschine wird je nach Leistungsklasse zwischen 500 und 1000 Euro liegen, die Leistungselektronik zwischen 800 und 1200 Euro und eine Batterie bei 5000 Euro aufwärts. Hier sehen wir unsere Chancen.
Werden Sie auch den E-Motor liefern oder nur Batterie und Leistungselektronik?
Wir sind bei allen drei Schlüsselkomponenten gut aufgestellt: Elektrische Antriebe in Großserie zu fertigen, ist eine Kernkompetenz von Bosch. Schon heute liefern wir über 100 Millionen Elektromotoren pro Jahr. Nicht in der Größe für den Pkw-Antrieb, aber für Sitzverstellungen, Fensterheber oder Generatoren. Außerdem bauen wir gerade unsere Halbleiter-Fabrik in Reutlingen aus und investieren dabei rund 600 Millionen Euro. Damit wollen wir auch bei der Leistungselektronik eine große Tiefe in der Wertschöpfung erreichen. Hinzu kommen Lithium-Ionen-Batterien aus unserem Joint Venture SB LiMotive.
Ist es richtig, dass der Wertschöpfungsanteil an Elektrik und Elektronik im heutigen Automobil ungefähr bei 40 Prozent liegt und dass der Anteil im Elektromobil bei 70 oder 75 Prozent liegen wird?
Genau darin sehen wir unsere große Chance, denn Elektrik und Elektronik sind unsere Domänen. Ein großer Teil davon entfällt auf die Antriebsbatterie. Auch die stellen wir selbst her. Deswegen sind wir in die Zellfertigung eingestiegen und haben das Joint Venture SB LiMotive gegründet. Die Serienfertigung von Batterien ist hier bereits angelaufen.
Wie weit sind Sie damit?
Wir liefern zum Beispiel für Pilotprojekte, wie den BMW 1er ActiveE, Batteriezellen. Es folgen Lieferungen für den BMW „i3“ sowie den „i8“. Außerdem bekommt der „Fiat 500 EV“ in den USA das ganze Batteriesystem von uns. Weitere Projekte sind im Anlauf.
Das Großserienwerk für Batteriezellen steht bei SB LiMotive in Korea. Ist in Deutschland auch eine Fabrik geplant?
Das Werk in Korea wird 2014 ausgelastet sein. Wir planen das nächste Werk in Europa, weil der Hauptkundenkreis, den wir bisher akquiriert haben, sich hier befindet. Wo genau der Fertigungsstandort in Europa sein soll, werden wir in diesem Jahr entscheiden, um dann 2013 mit dem Bau zu beginnen.
Sind die Lohnkosten entscheidend für die Standortwahl?
Die Fertigung ist hochgradig automatisiert. Das heißt, wir brauchen im Wesentlichen Facharbeiter, die die Maschinen bedienen, und Ingenieure mit Fertigungs-Know-how im Werk – in Summe also relativ wenig Personal. Aber die Kosten werden nicht nur durch den Arbeitslohn bestimmt, sondern auch durch die Effizienz in der Produktion: Wenn ich eine Maschine besonders gut nutze, kann ich einen Lohnkostennachteil kompensieren. Und obwohl wir uns in einem sehr harten Wettbewerb bewegen, sind wir mit den Fertigungsstandorten in Deutschland erfolgreich. Wir setzen auf eine Mischung aus Hochkostenstandorten wie in Deutschland und Niedrigkostenstandorten. Wir fertigen beispielsweise Common-Rail-Injektoren in Bamberg und der Türkei. Die Entwicklung des Produkts sowie ein Drittel der Produktion ist in Deutschland angesiedelt, zwei Drittel der Injektoren werden am Niedrigkostenstandort in der Türkei gefertigt.
Wo in der Welt wird der Geschäftsbereich Elektromobilität zunächst florieren? In Asien oder in Amerika?
Der Unternehmensbereich Kraftfahrzeugtechnik von Bosch generiert heute seine Umsätze zu etwa 20 Prozent in den USA, zu knapp 30 Prozent in Asien und zu rund 50 Prozent in Europa. Die Umsätze mit der Elektrifizierung hängen von vielen Aspekten ab. Zurzeit spielen Subventionen eine große Rolle. In einem Land, das ein Elektrofahrzeug mit 5000, 6000 oder 7000 Euro fördert, wird sich Elektromobilität schneller durchsetzen. Von daher liegen China und Japan weiter vorn, in Europa ist das Frankreich. Für Deutschland macht es im Moment nicht allzu viel Sinn, E-Fahrzeuge zu subventionieren. Ein breites Angebot von lokal produzierten Fahrzeugen mit weiterentwickelter Technik wird sich erst in den nächsten zwei bis drei Jahren etablieren.
Und was ist die Schlussfolgerung, wenn gerade der chinesische Markt anspringt?
Wir müssen auch nach China. Vor zwei Jahren haben wir angefangen, dort eine Mannschaft aufzubauen, haben heute 100 Ingenieure vor Ort und mehrere Elektro-Projekte mit lokalen chinesischen Herstellern. Das chinesische Elektro-Massenfahrzeug wird nach unserer Einschätzung allerdings anders, sprich technisch einfacher und spürbar kostengünstiger sein, als Elektroautos in Europa.
Stimmt es, dass Bosch insgesamt 800 Ingenieure für Elektromobilität beschäftigt?
Richtig.
Inklusive der 100 in China?
Ja.
Wird das Fachpersonal noch aufgestockt oder kommen Sie damit hin bis 2020?
Wir investieren gegenwärtig rund 400 Millionen Euro pro Jahr in die Elektrifizierung des automobilen Antriebs. Aber unser Umsatz liegt noch deutlich darunter. Von daher werden wir jetzt nicht extrem ausbauen, sondern zunächst mal das Niveau halten und beobachten, wie die Elektromobilität ankommt.
Meinen Sie damit die öffentliche Stimmungslage oder die Verkaufskurve?
Beides. Wir sind ja nicht immer nur nüchterne Rechner, sondern müssen auch Leidenschaft für eine Technik entwickeln. Ich glaube, die Akzeptanz von Elektroautos wird kontinuierlich zunehmen. Die Technik wird kostengünstiger werden, die Reichweiten größer und der Kundennutzen wird steigen – und damit der Absatz von elektrifizierten Autos.
Ist der Verbrennungsmotor bis 2050 ausgestorben, wie die meisten Zukunfts-Szenarien es nahelegen?
Der Blick ins Jahr 2050 käme dem Blick in eine Glaskugel gleich. Wir sehen den Verbrennungsmotor allerdings lange überleben. Aber es hängt auch vom Fahrzeugsegment ab. Reine Elektroantriebe kommen bei leichten Fahrzeugen in Frage, die auf kürzeren Strecken eingesetzt werden. Aber wenn ich mir die Welt-Fahrzeugproduktion anschaue, gibt es eine Menge von Fahrzeugen, die schwer sind und weite Strecken zurücklegen müssen – etwa Lkw. Oder nehmen Sie Arbeitsmaschinen sowie Bagger. In diesen Segmenten wird der Verbrennungsmotor noch lange Bestand haben.
Haben Sie Pkw in der Mittel- und Oberklasse in Ihrer Aufzählung bewusst nicht genannt?
In diesen Fahrzeugklassen – auch gerade im deutschen Premiumsegment – sehen wir Plug-in-Hybride im Kommen. Das wird ein echter Markt. Morgens ins Büro und abends zurück, das sind in den meisten Fällen Fahrstrecken von 20 oder 30 Kilometern. Dieses sogenannte Commuting kann ich elektrisch abdecken, habe aber trotzdem ein vollwertiges Fahrzeug, mit dem ich Langstrecken fahren und auch mal richtig Leistung abrufen kann. In einem guten Plug-in-Hybrid reicht eine Acht-Kilowattstunden-Batterie. In einem Elektrofahrzeug werden wir wahrscheinlich jenseits der 30 Kilowattstunden liegen. Das heißt, die Batteriekosten in einem reinen E-Fahrzeug sind mehr als dreimal so hoch. Für die nächsten Jahre halte ich den Plug-in-Hybrid deshalb für einen sehr tragfähigen technischen Ansatz.
Wieviel Plug-in-Hybride sind dabei, wenn die Bundesregierung 2020 die Elektroauto-Zählung vornimmt?
Ich denke, das Verhältnis Plug-in-Hybrid zu E-Fahrzeug wird bei etwa drei zu eins liegen. Nach meiner persönlichen Einschätzung sind reine Elektrofahrzeuge bis 2020 wirklich ein Nischenmarkt. Selbst wenn wir die Zweitwagenkunden und die Käufer, die sehr viel Wert auf Ökologie legen, zusammenzählen, ist in Deutschland der Markt wahrscheinlich immer noch kleiner als der für Premiumfahrzeuge.
Vor zwei Jahren haben Sie sich zum Thema Elektromobilität noch viel skeptischer geäußert als heute. Woher kommt dieser Sinneswandel? Oder unterstelle ich den jetzt nur?
Bei der Tonalität gebe ich Ihnen Recht. Aber wenn man unsere Prognose von damals mit der von heute vergleicht, dann hat sich nur wenig geändert. Damals waren wir von neun Millionen Fahrzeugen weltweit ausgegangen, jetzt prognostizieren wir zwölf Millionen elektrifizierte Fahrzeuge in der Summe aus EV, Plug-in-Hybrid und Hybrid. Wir sehen heute Plug-in-Konzepte als deutlich marktgängiger und erwarten dementsprechend eine Verschiebung hin zu dieser Hybridtechnik.
Haben Sie sich von der Idee anstecken lassen, dass die Kunden auf Elektroautos anspringen könnten?
Es ist faszinierend, wie positiv Endverbraucher auf E-Fahrzeuge reagieren. Das lässt sich nicht allein mit Zahlen erklären. Mit einem Tesla unterwegs zu sein, das macht richtig viel Spaß.
Der Tesla kostet aber auch 100.000 Euro. Womit wir bei den Kosten sind. Heute wird von Batteriepreisen pro Kilowattstunde geredet. Vor zwei Jahren hieß es, eine Kilowattstunde koste sagenhafte 1000 Euro.
Ja, für damals war die Aussage auch korrekt. Heute sind wir bei den Kosten schon erheblich günstiger.
Wo liegen wir heute und wie ist die Zahl eigentlich gemeint?
Bei den Angaben zu den Batteriekosten müssen Sie immer fragen: Sind allein die Batteriezellen oder ist das ganze Batteriesystem gemeint. Der Unterschied beträgt ungefähr 30 Prozent. 500 Euro pro Kilowattstunde für die Batteriezelle heißt 750 Euro pro Kilowattstunde fürs Batteriesystem.
Und wo liegt der Preis heute?
Die heutige Zahl ist schwer zu greifen. Relevant ist, was eine Batterie kostet, wenn sie aus einer Fabrik kommt, die einigermaßen ausgelastet fertigt. Wir kalkulieren mit Zellkosten im Jahr 2020 von 250 Euro pro Kilowattstunde.
Das ist eine Zielmarke, ist die realistisch?
Die ist realistisch. Consumer-Elektronikzellen werden auch etwa um zehn Prozent pro Jahr billiger.
Immer noch?
Immer noch. Und wenn man das über zehn Jahre macht, dann gehen die Kosten ungefähr auf ein Drittel runter. Das setzen wir für die Automotive-Batteriezelle auch an, und zwar bei vorhandener Technik, also ohne Berücksichtigung ganz neuer Zelltechnologien wie Lithium-Schwefel oder Lithium-Luft. Die sehen wir bis 2020 noch nicht in der Serienanwendung für Automobile. Sie sind heute noch im Forschungsstadium.
Geht es technologisch in diese Richtung?
Wir gehen davon aus. Denn Lithium-Schwefel-Technik ist drei- bis viermal besser als die heutige Standard-Lithium-Ionen-Technik und Lithium-Luft sollte sogar fünf- bis zehnmal effektiver sein. Das wäre dann ein signifikanter Durchbruch, auch weil die Materialkosten für Lithium-Luft und Lithium-Schwefel geringer sind.
Mischt Bosch bei der Zellchemie auch mit?
Ja, selbstverständlich. Wir haben eigene Forschungsaktivitäten bei Bosch auf dem Gebiet.
Wo passieren die?
Hier in den Nachbargebäuden an unserem Standort Gerlingen-Schillerhöhe. Unsere Forschungsaktivitäten sind natürlich so breit gefächert wie unser Portfolio. Die Materialforschung – auch in Hinblick auf die Zellchemie – nimmt einen ausgesprochen hohen Stellenwert ein.
Nehmen wir mal einen Kleinwagen für 10.000 bis 12.000 Euro – gibt es den auch mit batterieelektrischem Antrieb? Und wenn ja, wann?
Die nächsten 20 Jahre nicht. Eine einfache Rechnung: Wenn ich aus dem konventionellen Auto alles herausnehme, was ich im Elektroauto nicht brauche, nämlich den Motor, die Antriebswellen, die Abgasanlage, den Tank und so weiter, dann reduzieren sich die Kosten um etwa 3000 Euro. Nun packe ich elektrische Maschine, Leistungselektronik, Verkabelung und alle weiteren Komponenten für den elektrischen Antrieb wieder rein und komme dabei auf ungefähr 2500 Euro. Dann brauche ich aber noch eine Batterie, und die wird es nie für 500 Euro geben. Das heißt, die Investitionskosten fürs E-Auto sind höher, auch langfristig. Trotzdem kann sich ein E-Auto über die Gesamtkosten rechnen. Denn ich habe weniger Wartung an einem Elektrofahrzeug. Mit hoher Wahrscheinlichkeit auch geringere Verbrauchskosten, das heißt weniger Kosten pro Kilometer. Auch wenn der Strom mal besteuert werden sollte, werden die Kosten pro Kilometer geringer sein. So kann sich das elektrisch angetriebene Kleinfahrzeug vielleicht schon in der nächsten Dekade für den Autofahrer rechnen.
Glauben Sie wirklich, die Autohersteller lassen sich das Geschäft mit den E-Motoren aus der Hand nehmen? Zumal sich die Hersteller über den Motor vom Wettbewerber differenzieren können …
Sollte es einheitliche Motoren geben, dann wird es klar ein Geschäft der Zulieferer. Denn wir sind diejenigen, die über mehrere Fahrzeughersteller hinweg die Klammer bilden und in hohen Stückzahlen Komponenten erheblich kostengünstiger fertigen können als ein einzelner Automobilhersteller.
Aber das wird der Hersteller kaum wollen?
Ich sehe da verschiedene Trends in der Industrie: Es wird Fahrzeughersteller geben, die zukaufen; andere, die Elektromotoren in einer Zusammenarbeit oder in Eigenfertigung herstellen. Aber auch Letztere werden wahrscheinlich nicht für immer selbst Elektromotoren fertigen. Sie machen es jetzt, weil die Zuliefererindustrie noch nicht so breit aufgestellt ist und weil die Hersteller schlicht und einfach die neue Technologie „lernen“ wollen. Daimler und wir gehen einen – aus unserer Sicht – intelligenten Weg, indem wir zusammenarbeiten. Wir verstehen viel vom Elektromotor, und Daimler versteht viel vom Fahrzeug. Wir haben folgerichtig ein Gemeinschaftsunternehmen für Elektromotoren für E-Autos gegründet. Es heißt EM-motive GmbH.
Wird da noch ein eigenes Werk gebaut oder ist es schon im Bau?
Wir haben dafür in Hildesheim Platz gefunden, wo wir schon heute Elektromotoren fertigen. Gegenwärtig richten wir die diese Fertigung auf die neuen Anforderungen ein.
Also der Motor, der in diesem Joint Venture entsteht, kommt aus Ihren Werkshallen, aber er trägt einen Mercedes-Stern?
Der kommt aus den Werkshallen des Gemeinschaftsunternehmens, um präzise zu sein. Und er hat dann einen Mercedes-Stern, ganz klar. Von der gleichen Fertigungslinie mit vielleicht gewissen Abwandlungen werden aber auch Motoren mit einem Bosch-Anker auf dem Typenschild zum Kunden gehen. Wir machen natürlich auch das Firmenemblem jedes anderen Kunden drauf, wenn er es wünscht. Da sind wir als Zulieferer vollkommen offen.
Das Joint Venture ist kein exklusives Geschäft mit Konkurrenzausschluss?
Nein, ganz im Gegenteil. Wenn es nur um Daimler ginge, dann könnten sie es ja auch allein machen. Daimler möchte aber die Erfahrung von Bosch in dem Bereich nutzen und gleichzeitig hohe und damit kostenreduzierende Stückzahlen haben, die über den Daimler-Bedarf hinausgehen. Und von daher glauben wir, dass das eine intelligente Art ist, diese Technik zu erschließen. Das könnte auch neue Zusammenarbeitsmodelle in der Industrie befördern.
Dann sind Sie in diesem Bereich ein sehr enger Kooperationspartner, im Bereich Batterie aber Konkurrent, weil Daimler die Batterie gemeinsam mit Evonik entwickelt und baut.
Bei der Batterie sind wir Wettbewerber. Wir können aber gut damit umgehen. Und im vorwettbewerblichen Bereich gibt es sogar gemeinsame Forschungsaktivitäten.
Jungen Leuten von heute, das zeigen Studien und Erhebungen, ist der Besitz eines Autos längst nicht mehr so wichtig wie vor 20 Jahren. Denkt Bosch gemeinsam mit den Automobilherstellern darüber nach, wie diesem abnehmenden Interesse zu begegnen ist?
Der Trend, dass sich Automobil-Nutzung und Automobil-Besitz ein Stück weit trennen werden, beschäftigt auch uns. Es könnten sich künftig Dienstleister etablieren, die eine Flatrate für Mobilität anbieten – mit dem Motto: „Ich erfülle dein momentanes Mobilitätsbedürfnis“. Sei es ein Erster-Klasse-Sitz im Zug, ein Auto, das du jetzt gerade brauchst, zum Beispiel ein Cabrio bei Sonnenschein oder ein repräsentatives Auto, um beim Kunden vorzufahren. Und dann könnte es sein, dass der Mobilitäts-Provider Einfluss auf das Produkt nimmt. So wie eine Luftfahrtgesellschaft heute beeinflusst, was im Flugzeug eingebaut wird. Strategische Überlegungen, wie man damit umgeht, stellen Autohersteller und Zulieferer zunächst einmal getrennt voneinander an. Dann diskutiert man, wo man gemeinsam stärker ist. Heute gibt es für die Industrie zwei Richtungen, das Auto für junge Menschen attraktiv zu machen: Erstens die Verbindung zum Internet im Auto und zweitens die Vernetzung der Fahrzeuge im Sinne von autonomem oder teilautonomem Fahren. Das bedeutet, wir müssen an diesen Techniken arbeiten und zugleich die Preisgestaltung dafür im Auge behalten, um Autos auch für junge Menschen attraktiv zu halten. Wir haben zum Beispiel mit Nissan ein Entry-Level-Navigationssystem in den Markt gebracht, das in den USA für erschwingliche 500 Dollar (rund 390 Euro) angeboten wird. Navigationssysteme werden unserer Meinung nach übrigens bald Standard in jedem Auto sein.
Meinen Sie damit, Serienausstattung, ohne Aufpreis?
Ja. Sonst greifen die Leute zu separaten Navigationssystemen oder zu Smartphones. Wobei ein integriertes Navigationssystem viele Vorteile hat, weil ich zum Beispiel keine Kabel und Halterungen brauche. Dazu kann man es intelligent mit anderen Fahrzeuginformationen und -funktionen verknüpfen.
Was lernt Bosch anhand des E-Mobility-Projektes in Singapur?
Dinge, wie das Auto werden künftig eng mit dem Internet verknüpft sein. Wir nennen es das „Internet der Dinge“. Das Thema ist für uns sehr wichtig, nicht nur im Automobilbereich. Deshalb haben wir vor drei Jahren ein Software-Unternehmen gekauft, das quasi eine Brückenfunktion zwischen Internet, unseren Produkten und den Autofahrern hat. Ein Pilotprojekt war es, eine funktionierende Ladeinfrastrukur zu schaffen und Dienstleistungen für Elektrofahrzeuge ans Internet anzubinden. Zum Beispiel sollte der Autofahrer zunächst wissen, wo eine Ladestation ist. Dann muss er sie online reservieren können, damit sie frei ist, wenn er ankommt. Man benötigt ein Verfahren, um den vom Energieerzeuger bezogenen Strom abzurechnen. Dann will das Last-Management geplant werden: Das Auto steht jetzt zwei Stunden an der Ladesäule, und der Kunde möchte mindestens 50 Prozent seiner Batterie laden – und das zu möglichst günstigsten Konditionen. Im Rahmen des Projekts in Singapur haben wir bislang 40 Ladesäulen aufgestellt und zeigen nun, wie dieses Zusammenspiel von Kundenbedürfnissen, Ladesäulentechnik und Energielieferant über das Internet funktioniert. Inzwischen bieten wir auch deutschen Städten ein Starterpaket dafür an. An dieses System können sich auch die Automobilhersteller ankoppeln, wenn sie Servicedaten für ihre elektrifizierten Fahrzeuge abrufen wollen: Wie viel Kapazität hat die Batterie noch, und wie häufig wurde sie zwischenzeitlich geladen? Dieses ganze Daten-Management bieten wir ebenfalls an.
Ist ja alles schön und gut, 90% Wirkungsgrad, bringt aber nichts wenn wir nur 12% aus Wind, Sonne und Wasser gewinnen. Und Krüppeltechnologien wie Braunkohle fördern wo Quadratkilometerweise Natur zerstört wird. Vom Wirkungsgrad spreche ich auch nicht und erst recht nicht von der Abgasfilterung.
Als nächstes die Netzstruktur, völlig veraltet und verursacht riesen Verluste. Und auch E Autos laufen nicht Emissionsfrei, rechnet man zurück über die Verluste, verursacht ein E Auto momentan mehr CO2 Ausstoss wie ein normales Auto. Genau das ist die Krux.
Als erstes gehört das Netz von Wechselspannung auf Gleichspannung umgestellt, somit würden auch viele Kraftwerke überflüssig. Nur das wird keiner machen weil es somit effektiver werden würde.
Genauso unser Biostrom. Windkraft? Nur um die Atomkraftwerke zu ersetzen müssten wir soviel Windkraftwerke aufstellen, das wir garnicht genügend Standorte hätten. Solar genau das gleiche, höchst ineffektive in diesen Breitengraden. Wasserkraft: Was wollen wir noch aufstauen, ist denke ich in Deutschland so gut wie ausgeschöpft.
Wir müssen erst mal die Versorgung optimieren, ehe wir anfangen neue Mobilitätskonzepte ausarbeiten.
Wie kommen Sie denn auf sowas? Wind und Sonne gibt es (auch bei uns) mehr als genug und das Netz, so wie es ist, würde locker reichen, wenn der Strom DEZENTRAL produziert wird!
Jedem Dorf sein Windrad (es gibt übrigens auch geräuschlose!). Es muss auch nicht immer das Grösste sein, ein paar Kleine fallen kaum auf…
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Lösungen sind gefragt, nicht endlose Werbung und Worthülsen!
„Nehmen wir mal einen Kleinwagen für 10000 bis 12000 Euro – gibt es den auch mit batterieelektrischem Antrieb? Und wenn ja, wann?
Die nächsten 20 Jahre nicht….“
DOCH!!!
Nur eben nicht von Sowas…
Dann kaufen wir die eben unsere (Quoten?)Elektroautos von den Asiaten, Afrikanern oder Russen…
DIE schaffen das! (Komischerweise…).
Die Idee der Elektro-Antriebe, unabhängig von Öl und Rohstoffen wie „Seltene Erden“ zu sein klingt auf den ersten Blick zu schön um wahr zu sein und das ist es vermutlich auch. Der Strompreis in Deutschland ist in der EU der zweithöchste und der Steueranteil ist mit ca. 40% auch der zweithöchste in Europa.
Beim Kraftstoff liegen wir europaweit auf Platz 11 und haben einen Steueranteil von ca. 70%. Also egal, für welchen Antrieb wir uns entscheiden, der einfache Bürger in Deutschland wird wie eh und je geschröpft.
Mein Tip: Gesamte Energiewirtschaft in Deutschland verstaatlichen und zum non-profit umstrukturieren. Durch den steigenden Konsum, steigen dann auch die Steuereinnahmen des Staates über die Mehrwertsteuer.
Oder die Märkte in Europa gänzlich öffnen, so das jeder, seinen Strom z. B., europaweit einkaufen kann.
„jedes Jahr investieren wir … „… als wenn die schon seit 50 Jahre dabei waeren … LOL
2006 sagte Herr Bohr noch das er die Elektrische-Mobilitaet fuer nicht zukunfstraechtige Hirngespinste haelt
und Hybrid-Technik viel zu teurer Murks ist – und sowieso der DIESEL-Motor das Allerbeste von der Welt ist …
Naja – im Interview gibt er es ja hintenrum zu 😉
Und bei der KOSTENAUFSTELLUNG des ELEKTRIFIZIERTEN KLEINWAGENs
kommt als „nur“ der AKKU als EXTRA-KOSTENPUNKT dazu …
Wuerde bedeuen Kleinwagen zum GLEICHEN PREIS verkaufen und den Akku dazu VERMIETEN (so wie bei RENAULT).
Das hat PSA+Renault bei den AX/SAXO/106/CLIO/RAPID/EXPRESS/BERLINGO/KANGOO/PARTNER „electriques“ von 1995 bis 2005
ebenso gehanhabt (Preis identisch zum Verbrenner – „SAFT“-Akku im
Leasing).
Und wenn dann die INDUSTRIE immer weiter nach „Foerderung“ schreit koennte der Staat alternativ die LEASING-Ausfall-Versicherung uebernehmen!
In diesem Sinne
ELEKTRISCHE GRUESSE
Fragt man sich, ob das unsere Umwelt überhaupt noch nennenswert entlastet! ? Und ob man nicht besser alles so lässt, wie es ist , dafür aber verstärkt in BTL bzw die neue Algen – Technologie investiert ?
Vor zwei Jahren war das Thema „Elektromobilität“ noch ein Hype. Wenn man die Aktivitäten von Bosch, Continental, Magna-Steyr usw. und den ganzen Automobilherstellern zusammennimmt, wird es sich wohl zu einem großen Markt entwickeln.
Ein typischer Verlauf bei der Entwicklung von neuen Technologienen die einen Paradimenwechsel einleiten.
Gut so…
Effizienz ist das große überspannende Thema.
Der nächste Hype wird wohl der Umstieg bei der Beleuchtung auf LED-Technik um die unsäglichen CF-Energiesparlampen zu ersetzen.