Mein Haus, mein Auto, mein Kraftwerk


Energieautark wohnen, CO2-neutral, stadtnah, modern und trotzdem im Grünen – was für viele Stadtplaner noch Vision ist, wird in Norderstedt Realität.

Seit September 2011 unterstützt dort das Baudezernat das Konzept von Elektroauto-Pionier Sirri Karabag und Schilling Immobilien (als Erschließungsträger). Die Firma Schilling hat in Norderstedt bei Hamburg ein Neubaugebiet erschlossen, wo drei Pilothäuser entstehen. Im Ortsteil Glashütte werden demnächst 25 Häuser gebaut, die nahezu komplett über eine hauseigene Photovoltaikanlage und ein vor Ort befindliches Blockkraftwerk mit Energie versorgt werden. Ein in der Hausfinanzierung enthaltenes Elektroauto sowie ein Energiemanagementsystem übernimmt die Energieregelung und -speicherung. Der Kauf eines Elektroautos wird bei allen Hausbesitzern auf den vorgesehenen Grundstücken vorausgesetzt.

Die Generierung von Ökostrom hat einen Haken: Man kann hier nicht – wie bei einem Kohlekraftwerk – die Stromerzeugung dem Bedarf anpassen. Wind und Sonne kann man eben nicht an- und abschalten. Wenn die Sonne scheint, wird per Photovoltaik viel mehr Energie produziert als im Haushalt verbraucht werden kann. Diese Energie wurde bislang ins Netz eingespeist und gemäß Einspeiseverordnung mit einer gewissen Summe vergütet. Wenn die Sonne untergangen ist, fehlt wiederum Energie. Jetzt muss der Hausbesitzer wieder Strom aus dem Netz zurückkaufen. Im Konzept von Karabag wird überschüssige Energie  nicht mehr ins Netz zurückgeführt, sondern unter anderem in der Lithium-Polymer-Batterie eines Elektroautos zwischengespeichert. Ist die Sonne weg, kann die Energie wieder aus dem Auto abgerufen werden. Sollte das Elektrofahrzeug unterwegs sein, übernimmt eine weitere Batterie im Haus die Zwischenspeicherung.

„Ein Elektrofahrzeug ist ein hervorragender Energiespeicher. Eine moderne Batterie kann nahezu die gesamte im Haushalt benötigte Energie zwischenlagern, und man kann mit diesem Speicher sogar zum Einkaufen fahren,“ fasst Karabag zusammen, „eine enge Verzahnung von Elektromobilität und energieautarkem Wohnen ist also doppelt sinnvoll: Die Bewohner machen sich unabhängig von großen Stromversorgern und erzeugen ihren Energiebedarf größtenteils selbst. Diese Energie wird ökologisch verträglich erzeugt. Durch die eingesparten Energiekosten ist dieses Modell gegenüber konventionellen Immobilien nicht nur kostenneutral, sondern langfristig sogar günstiger.“

Rund 18 Monate arbeitete Karabag mit Erschließungsträger Schilling Immobilien und vielen Partnerunternehmen an dem Konzept, das sowohl bei den Entscheidungsträgern der Stadt Norderstedt als auch den Anwohnern breite Zustimmung fand. Karabag und Schilling liefern gemeinsam mit Partnern courtagefreie, voll erschlossene Grundstücke inklusive Energieversorgung und dem Elektrofahrzeug an die neuen Bewohner aus.

„Unser Modell verknüpft energieautarkes Wohnen mit den Vorteilen und der Umweltfreundlichkeit eines Elektroautos. Das hat nicht nur ökologische Vorteile, sondern senkt dazu auch die Kosten. Bereits vom ersten Tag an ist unser Konzept kostenneutral gegenüber konventionellen Häusern“, so Karabag, „denn auch der Treibstoff für unsere Autos wird durch die Häuser  selbst erzeugt. Das ergibt – wenn man es so will – zur häuslichen Energieversorgung noch Mobilität zum Nulltarif.“

Zustimmung gab es auch von den Beteiligten der Stadt Norderstedt: „Wer im Umweltbewusstsein etwas ändern will, muss manchmal den Mut haben, ungewöhnliche Wege zu gehen. Wir unterstützen die nahezu energieautarke Kombination von Mobilität und CO2-Einsparung für bestimmte abgrenzbare Wohngebiete“, so Thomas Bosse, Baudezernent und 1. Stadtrat in Norderstedt.

3 Antworten zu “Mein Haus, mein Auto, mein Kraftwerk

  1. Dieses vorbildliche Projekt zukunftsfähiger Energienutzung ist kein ungewöhnlicher Weg, sondern eine viel zu späte Umsetzung der global notwendigen Energiewende. Ich besitze eine ganzseitige Kopie einer amerikanischen Zeitung aus dem Jahr 1903, wo der Hausbesitzer zeigt und ausführlich beschreibt, wie sein Elektroauto seine Villa mit Strom versorgt. Seit Jahrzehnten haben wir die technischen Möglichkeiten, sehr kostengünstig die Erneuerbaren Energien statt der klimazerstö-
    örenden Energien zu nutzen. Mein Elektroauto aus Italien fahre ich seit 6 Jahren, 100 km kosten 1,50€, wenn ich den Strom kaufen müsste. Die meisten Menschen, denen ich das erkläre, glauben mir das nicht. Warum werden immer noch Lügen über die „hohen Kosten der Elektroautos und deren vergleichsweise Untauglichkeit“ verbreitet? Die Wahrheit ist: Elektroautos verbrauchden nur 1 Drittel der Energie, die Motoren sind viel leistungsfähiger wegen des hohen Drehmoments, sie sind leise und ganz erheblich preiswerter als Spritautos zu produzieren. Im Oktober 2011 ist ein Elektroauto von Flensburg bis München mit einer einzigen Ausfladung gefahren und hatte am Ziel noch 100 km Reserve. Es wäre sehr verdienstvoll für den ADAC, wenn er aktiver und ehrlicher der E-Mobilität den Vorrang geben würde.
    Dietrich Koch
    dh.koch@osnanet.de

  2. Klingt sinnvoll und ist eigentlich schon lange überfällig. Ich spare auch schon für PV/KWA+Energiespeicher im Haus. In ein paar Jahren ist das auch für Normalverdiener erschwinglich und es gibt zusätzlich bezahlbare E-Autos. Wir sind auf einem guten Weg!

  3. onlyelectrodriver

    stellt Euch vor das wird Realität , dann gibts keine Gewinne mehr
    für andere und die Welt wird sauberer . Ein langer weiter Weg
    viel Glück mit dem Anfang

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