Ladesäulen: Das Henne-Ei-Prinzip


Weniger als 3000 Stromtankstellen gab es zu Jahresbeginn in Deutschland. Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen schlagen in einem Konzept den Ausbau des Netzes auf 80.000 Ladesäulen vor – in den 60 größten deutschen Städten von Berlin bis Fürth. Aber wie?

Ladesäulen sind in Deutschland noch immer Mangelware.

Ladesäulen sind in Deutschland noch immer Mangelware. Für einen durchschlagenden Erfolg muss sich das ändern.

Dass Deutschland noch hinterherhinkt, zeigt der internationale Vergleich: In Frankreich stehen 8000 Ladestationen bereit, im deutlich kleineren Nachbarland Niederlande 3700 und in den USA mehr als 15.000. Eigentlich sollten Anfang 2015 schon 100.000 E-Autos auf deutschen Straßen rollen. Zu Jahresbeginn waren allerdings nur knapp 19.000 reine Elektroautos zugelassen. Im Vergleich zum Vorjahr war das immerhin noch ein Plus von 56 Prozent.

Das macht den Stromversorgern neue Hoffnung. „Die Zulassungszahlen werden 2015 deutlich steigen und disruptiv hochspringen, sobald die Batterien preiswerter werden“, sagt der Chef von RWE Effizienz, Norbert Verweyen. Derzeit verbilligten sich moderne Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos im globalen Einkauf jeden Monat um ein Prozent. Doch solange die Angst besteht, man könne diese Akkus nicht überall laden, ist der Kaufanreiz für ein E-Auto niedrig. RWE ist mit circa 2500 Elektro-Ladepunkten in Deutschland Marktführer im Ausbau des Netzes. Und es wird nach neuen Abnehmern für die Ladesäulen gesucht, damit die Struktur in die Breite geht.

Nicht nur Versorger, auch Dienstleister

So hat der Essener Stromkonzern vom Discounter Aldi Süd den Zuschlag bekommen, 50 Filialen von Düsseldorf bis München mit Stromtankstellen auszurüsten. Die Schnellladestationen sollen Adapter für derzeit alle gängigen Steckertypen bieten und in 30 Minuten, das übliche Zeitfenster für einen Discounterbesuch, eine Stromzuladung für 80 Kilometer Reichweite erlauben. Kosten soll es keinen Cent, der Strom kommt ohne Zusatzlast für das Netz von der eigenen Solaranlage der Filiale.

Ob das Ziel der Bundesregierung von einer Million Elektrofahrzeugen bis 2020 erreichbar ist, wagt auch Optimist Verweyen nicht zu prognostizieren. Aber das Firmenkundengeschäft nimmt angeblich Fahrt auf: Rund 180 Stromladepunkte hat RWE schon für die Daimler-Standorte in Stuttgart errichtet, 160 Ladepunkte beim Chemiekonzern BASF und 130 für VW.

Beim Aufbau des öffentlichen E-Tankstellennetzes hakt es dagegen bisher noch an vielen Stellen.  Das Netz ist zu dünn, und vor allem in Wohngebieten fehlt es an Stromtankstellen. Benzintankstellen gibt es bundesweit mehr als 14.000.

Das Business nach dem Business

Schnellladeanlagen für Durchreisende werden bisher kaum angeboten. Viele Stationen versorgen nicht alle drei Steckertypen („Typ 2“, „CCS“ und „Chademo“) – wer die falsche Ladestation erwischt, bleibt liegen. Und auch die Abrechnung ist schwierig, weil Ladekarten oft von den regionalen Stromanbietern stammen und schon an der nächsten Säule nicht mehr akzeptiert werden.

Vom zusätzlichen Stromabsatz wird man beim Aufbau der Ladesysteme bisher nicht reich, sagt auch Verweyen. Aber die Stromkonzerne erhoffen sich eine engere Bindung zu Kommunen und Geschäftskunden, die Ladesäulen anbieten wollen, und zu privaten Endkunden. Wer privat ein Ladegerät für sein E-Auto in der Garage kauft, könnte sich auch eine Fotovoltaikanlage zur Stromerzeugung aufs Dach und eine Speicherbatterie in den Keller stellen und eine Regelungsanlage dazunehmen, die Strom im jeweils günstigsten Moment kauft, produziert und einspeist, hofft die Branche.

Mit Material von dpa

6 Antworten zu “Ladesäulen: Das Henne-Ei-Prinzip

  1. Auch wenn ich den anderen hier bepflichten kann, ein Henne-Ei-Problem sehe ich, zumindest bei einer Momentaufnahme, nicht. Wenn ich eine Stunde fahre und dann für mindestens 30 Minuten an die Ladesäule muss, dann ist das für die Langstrecke unpraktikabel. Das ändert auch eine Zunahme der Ladepunkte nicht (ich klammere hier Tesla aus finanziellen Gründen einmal aus).

    ABER: Schon ab diesem Jahr wird es (zumindest in USA) für den Leaf einen größeren Akku geben (Ich habe leider keine Informationen darüber gefunden, ob der auch in Europa verfügbar sein wird). Und für 2017/2018 werden von den Herstellern 40+kWh in Aussicht gestellt. Mit diesen Akkugrößen ist es dann schon viel interessanter weite Strecken zurück zu legen und bis dahin sollte es auch möglich sein, DC-Ladestationen in ausreichender Stückzahl an Autobahnen zur Verfügung zu stellen.

    Das viel größere Problem ist, dass man immer noch von allen Seiten aus zu hören bekommt, dass
    – E-Autos Umweltsäue sind (Strommix, Herstellung, usw.)
    – Traktions-Akkus nur 3 Jahre lang halten bis man sie tauschen muss
    – Dieselfahrzeuge viel „sauberer“ und besser sind
    – man jeden Tag 500km am Stück fahren können muss ohne nachzutanken
    – ein Tankvorgang nicht länger als 10 Minuten dauern darf

    Alles Bullshit. Aber solange das munter weitererzählt wird, werden sich in Deutschland keine E-Autos verkaufen. Eine mögliche finanzielle Unterstützung hilft da vermutlich auch nur wenig.

    Man sollte sich also nicht blenden lassen. Gäbe es in Deutschland viel mehr DC-Ladepunkte, würde das an den Verkaufszahlen vermutlich (fast) nichts ändern.

  2. Für e-Mobil Besitzer/-innen ist es in der Tat am bequemsten/einfachsten wenn Zuhause und/oder am Arbeitsplatz eine Lademöglichkeit besteht. Ich lade meinen e-Golf in der Regel zu Hause über Nacht auf mit Strom aus einem Mini-BHKW (50% weniger CO2 im Vergleich zum Energiemix). Bisher habe ich zu Hause 2.500 kWh geladen und an öffentlichen Ladestationen gerade mal 15 kWh (für insgesamt 12.000 km).
    Schnelllader gehören an Autobahnen/Tankstellen an Bundesstraßen
    Ladestationen bis 22kw sind überall dort sinnvoll wo Autos länger stehen
    z.B. Parkhaus in der Innenstadt, am Bahnhof, Kino, am P+R Parkplatz. Die Initiative von Aldi mit den Schnellladesäulen finde ich SUPER. Der Einkauf dauert dort maximal 1/2 Stunde, reicht für 80 km oder mehr. Ich hoffe Lidl, Edeka & Co nehmen die Idee auch auf.
    Wenn dann in der Parkgebühr auch der geladene Strom enthalten ist, wird das eine Runde Sache. APCOA Parking hat das schon 2009 angedacht: http://www.apcoa.de/nachrichten/artikel/tankstelle-der-zukunft-steht-im-parkhaus-1.html
    Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt um in die Fläche zu gehen in den Parkhäusern.
    Für diejenigen ohne festen Stellplatz für ein E-Mobil (z.B. in den Städten) müssen auch praktikable Lösungen gefunden werden, sonst bleibt die E-Mobility etwas für Eigenheimbesitzer. Die Stadtplaner sollten das bei der Planung neuer Stadtteile/Parkflächen berücksichtigen und schon mal Leerohre oder Leitungen für die Ladepunkte einplanen.

  3. Es gab vor ein paar Tagen eine Studie, die sogar hier erwähnt wurde. Dort stand recht deutlich drin, dass zu hause laden das wichtigste ist. Und zwar für den täglichen Weg zur Arbeit. Ich habe seit Anfang November 14 14000km elektrisch zurückgelegt und sagenhafte 100kWh öffentlich geladen. Trotz dem Angebot kostenlos zu laden.
    Das Einzige was wirklich fehlt, ist ein Netz von Schnellladestationen an den Schnellstraßen. Aber bis Slam, Dobrint und co. aufwachen, hat es hoffentlich Fastned geschafft.

  4. Das Henne-Ei-Problem wurde nach meiner Meinung von den Journalisten hochgespielt. Benzin kann ICH nicht zuhause tanken, aber Strom!!
    Wenn nur alle, die selber für ihr Auto ein Zuhause haben (Garage, Carport), sich als „Zweitwagen“ ein Elektroauto kaufen würden, wäre die erste Million eher erreicht worden als nach dieser jahrtelangen Jammerei, dass es zu wenig Stromtamkstellen gäbe.
    Ich habe mir inzwischen ein zweites Auto mit E-Antrieb gekauft – und habe nur eine Steckdose in der TG! Erst nach meinem ersten wurde in der Nähe eine Stromtankstelle eingerichtet; diese nutze ich jetzt allerdings mehr, da dort der Strom sogar kostenlos ist. Für die Bequemlichkeit „Stromtanken nachts – im Schlaf“ wird viel zu wenig Reklame gemacht.

    • Prima Praxisantworten. Ebenso ist die Verfügbarkeit von Ladepunkten/Stellflächen 365/7/24 frei/belegt zum Laden mit zuverlässigster MagSense(R) -Technologie verfügbar. Weitere Komfortfunktionalitäten für Betreiber, EVU, Stadtwerke, Kommunen, private Anbieter smart & intelligent parken.

  5. Hr. Dobrindt hat ja Besseres zu tun. Ansonsten alles MERKEL – domani!

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